Strategie 2020 - Forschung, Technologie und Innovation für Österreich / 9. Governance

9. Governance

Status und Herausforderungen

222

In Europa ist das Governance-Konzept erst in den letzten Jahren verstärkt in der FTI-politischen Diskussion zum Tragen gekommen. Der Begriff wird herangezogen, um die Konzepte der Staatsgewalt und Politik zu erweitern. „The broadest meaning of governance is the regulation of social activities utilizing a variety of modes and mechanism of societal regulation.“ In diesem Rahmen ermöglicht das Governance-Konzept einem größeren Akteurskreis Einfluss auf das Ergebnis von Strategie-Formulierungsprozessen sowie die Zuteilung von Aufgaben und Mitteln zu nehmen. Governance befasst sich mit den Beziehungen zwischen Institutionen, die eine Gesamtheit bilden. Im Falle der FTI-Politik besteht diese Gesamtheit aus den Akteuren des FTI-Systems. Ebenso wird das inter-institutionelle Zusammenwirken im Governance Rahmen eingeordnet: “Governance is about the handling of complexity and the management of dynamic flows. It is fundamentally about interdependence, linkages, networks, partnerships, co-evolution and mutual adjustment.”

(1) - Original
Anhänge
Kommentare
223

Dieser Zugang zu FTI entspricht dem Konzept dynamischer FTI-Systeme. Dem European Trend Chart on Innovation zufolge ist Governance im Sinne von Angebot und Erreichungsgrad FTI-politischer Maßnahmen ein wesentlicher Indikator für die Leistungsfähigkeit eines nationalen Innovationssystems . Das österreichische FTI-System ist in den letzten Jahren durch wesentliche Reformschritte, vor allem auf Ebene der Agenturen (v.a. AWS, FFG, FWF) einer Veränderung in den Governance-Strukturen unterworfen worden. Die Ressortebene wurde nicht in gleichem Maß an die geänderten Rahmenbedingungen angepasst. Der Nutzen der herrschenden Strukturen wurde bis dato keiner Bewertung unterzogen. Die Systemevaluierung nimmt teilweise diese Bewertungsaufgabe wahr, bewegt sich dabei aber in engen Grenzen des ihr erteilten Auftrags.

(1) - Original
Anhänge
Kommentare
224

Im internationalen Vergleich lassen sich ähnliche Herausforderungen ableiten: „Durch die Verflechtung mehrerer politischer Ebenen und anderer Akteure entsteht ein Netzwerk, das sich zunehmend demokratischer Kontrolle und Transparenz entzieht, zumal die Kontrolleure – unterschiedliche Regierungsressorts – ihrerseits an der Politikformulierung beteiligt sind und eher ressortspezifische Interessen vertreten.“ Aus diesem Grund werden im Regelfall Antworten im Governance-Bereich gegeben, bevor die richtigen Fragen gestellt werden konnten.

(1) - Original
Anhänge
Kommentare
225

Analysiert man die Governance-Strukturen von Ländern, die sich nach dem Summary Innovation Index in der Gruppe der Innovation Leaders befinden, zeigt sich, dass die heimische Struktur im Vergleich komplexer ist. Schweden, Finnland oder Dänemark sind auch von der Größe mit Österreich vergleichbar; Deutschland und Großbritannien sind die dynamischsten unter den Innovation Leaders. Der Vergleich zeigt, dass in diesen FTI-politisch sehr erfolgreichen Ländern die FTI-Agenden auf zwei Ressorts aufgeteilt sind. Dabei folgt die Aufteilung dem Prinzip der Wissenschafts- bzw. Wirtschafts- und Technologieorientierung.

(1) - Original
Anhänge
Kommentare
226

Die Agenturen sind formell betrachtet Ministerien untergeordnet, haben aber strategischen Anspruch und entziehen sich zumindest teilweise hierarchischen Beziehungen („organisatorisches Eigenleben“). Entsprechend wird im Regierungsprogramm darauf hingewiesen, dass die Struktur der Verantwortlichkeiten zwischen Ressorts und Agenturen neu organisiert werden muss.

(1) - Original
Anhänge
Kommentare
227

Die Ergebnisse des Peer Reviews der österreichischen FTI-Landschaft durch die CREST Expert Group bestätigen diesen Befund. Eine Vereinfachung der österreichischen Governance-Strukturen auf ministerieller Ebene wird nahegelegt, unter anderem eine klare Kompetenzverteilung zwischen den Ministerien und den Förderagenturen, v.a. in Hinblick auf mehr Autonomie der Agenturen bei Programmdesign und Implementierung auf Basis jährlicher Arbeitsprogramme, die von den Ressorts abgesegnet werden.

(1) - Original
Anhänge
Kommentare

Strategische Leitlinien und Empfehlungen

228

Auf Basis der Analyse und der aktuellen Herausforderungen in der Ausgestaltung des Zusammenspiels der Akteure im Innovationssystem identifiziert der Rat folgende strategischen Leitlinien und formuliert dazu seine Empfehlungen.

(1) - Original
Anhänge
Kommentare
229

SL 17 Strategische Leitlinie: Design der Struktur- und Governance-Kaskade

Veränderungen in den Aufbau- und Ablaufstrukturen können nur erfolgreich sein, wenn sie auf Basis klarer Zielvorstellungen basieren. Folgende Abbildung zeigt die modellhafte Darstellung der anzustrebenden Aufbaustruktur im Jahr 2020.

Wesentlich dabei ist, dass mit der Etablierung der beiden Verwaltungseinheiten für grundlagen- sowie anwendungsorientierte Forschung keine zusätzliche Verwaltungsebene geschaffen wird, sondern die bestehenden Lenkungs- und Aufsichtsorgane gemeinsam operieren.

(1) - Original
Anhänge
Kommentare

Abbildung 12: Modell der Governance-Struktur im Jahr 2013

Quelle: RFTE

Hier können Sie eine hochauflösende Version von Abbildung 12 öffnen.

Der Rat empfiehlt:

230

Empfehlung 17.1

Entsprechend der abgebildetet Governance-Kaskade sollen folgende Strukturprinzipien umgesetzt werden:

  • Eine Zusammenlegung der Forschungsagenden in den für angewandte und wirtschaftsnahe Forschung zuständige Ministerien – BMVIT und BMWFJ.
  • Eine Zusammenlegung der Aufsichts- und Lenkungsstrukturen der Agenturen, auch um die Mittel flexibel und bedarfsorintiert den Schwerpunkten zuordnen zu können. Die Ministerien erarbeiten diesbezüglich strategische Vorgaben und entsprechende Budgetkorridore, innerhalb derer die Agenturen Autonomie und Flexibilität haben. Das erfordert Funktionalitäten, die in der Verwaltungseinheit abgebildet sind.
  • Autonomie der Agenturen im Sinne von Agencification bezüglich Jury- und Leitfadenentscheidungen basierend auf den strategischen Vorgaben der Ressorts. Es wäre dann keine, wie momentan erforderlich, diesbezügliche Abstimmung mit den Ressorts mehr notwendig.
  • Der Rat hat eine Vertretung in der Verwaltungseinheit und übernimmt die Beobachtung und Evaluation des Gesamtsystems.
(1) - Original
Anhänge
Kommentare
231

Basierend auf der beschriebenen Aufbaustrukutr lassen sich die wesentlichen Parameter für die Ablaufstruktur ableiten:

  • Zielvorgaben
  • Budgetvorgaben
  • Indikatorenkorridor

Damit soll auch eine Kulturveränderung initiiert werden. Die Priorisierung von Ablaufmodellen im Vergleich zu Aufbaumodellen stellt einen Paradigmenwechsel zum herrschenden Denken in „Funktionenschemata“ dar, der letztendlich ein Beitrag zur Transparenz der Verantwortlichkeiten in Entstehung, Umsetzung und Monitoring von Interventionsmodellen leisten wird. Die Positionierung der Institutionen bei Generierung, Abwicklung und Beendigung von Instrumenten und Programmen unterstützt die Etablierung einer Interventionskultur, die Exzellenz fördert und Exits aus nicht mehr adäquaten Modellen zulässt.

(1) - Original
Anhänge
Kommentare

Hier können Sie eine detailliertere Beschreibung der Ablaufstrukturen herunterladen.

232

Empfehlung 17.2

Die Bundesregierung soll eingeladen werden, bis Ende 2009 ein Governance-Zielmodell für das Jahr 2013 zu diskutieren und zu beschließen sowie die notwendigen Maßnahmen dazu umzusetzen.

(1) - Original
Anhänge
Kommentare
233

Monitoring: Der Umsetzungsgrad wird ein fixer Tagesordnungspunkt auf jenen Sitzungen des Rates, an denen zweimal pro Jahr die zuständigen Regierungsmitglieder teilnehmen.

(1) - Original
Anhänge
Kommentare
234

Empfehlung 17.3

Bundesregierung und Landesregierungen sollen eingeladen werden, auf Basis der FTI-Plattform Österreich an der stufenweisen Entwicklung der Zusammenarbeit im FTI-Bereich aktiv mitzuwirken. Dabei ist insbesondere auf eine optimale Gestaltung der Schnittstellen im Sinne des Gesamtsystems zu achten. Verantwortlichkeiten und (regionale) Schwerpunkte sind klar abzugrenzen und Überlappungen sowie Redundanzen zu vermeiden.

(1) - Original
Anhänge
Kommentare
235

Monitoring: Überprüfung der Abstimmung und Einpassung der Instrumente und Maßnahmen der Länder auf regionaler Ebene sowie ins nationale Innovationssystem im Rahmen der „Plattform FTI Österreich“ Begleitung der Umsetzung durch Diskussionsrunden der Plattform findet zweimal pro Jahr statt.

(1) - Original
Anhänge
Kommentare
236

SL 18 Strategische Leitlinie: Nutzenindikatoren auf Bedarf abstellen

Im Gegensatz zur derzeit dominierenden programmorientierten Betrachtungsweise richtet sich die Planung der Interventionsmaßnahmen im Jahr 2020 ausschließlich nach dem Bedarf der Forschungsebene mit den entsprechenden Erhebungsmethoden. Dazu gehört in jedem Fall eine ex-ante Evaluierung der geplanten Interventionen, die von einer außerhalb der für die Intervention verantwortlichen Institution beauftragt bzw. durchgeführt wird.

(1) - Original
Anhänge
Kommentare

Der Rat empfiehlt:

237

Empfehlung 18.1

Der Rat empfiehlt, den Vorschlag des Rechnungshofes - „Der RH regte gegenüber dem Rat und den befassten Bundesministerien unabhängige Programmevaluierungen an, deren Auftraggeber der Rat sein sollte.“ – umzusetzen. .

(1) - Original
Anhänge
Kommentare
238

Monitoring: Bericht an die Bundesregierung, den Rechnungshof und die Öffentlichkeit im Dezember 2010 über die Umsetzung der Empfehlung.

(1) - Original
Anhänge
Kommentare
239

Empfehlung 18.2

In jedem Planungsdokument für Interventionen sind die Nutzenindikatoren nach einem transparenten Muster zu integrieren.

(1) - Original
Anhänge
Kommentare
240

Monitoring: Die Plattform fteval berichtet der interessierten Öffentlichkeit in der jährlichen Tagung über die Struktur und die Umsetzung des Modells der Nutzenindikatoren.

(1) - Original
Anhänge
Kommentare
241

SL 19 Strategische Leitlinie: Dienstverträge in den Ressorts flexibilisieren

Neue Ideen entstehen am effizientesten durch stetige Veränderung. Die Qualifikation der Menschen in den Ressorts ist die Basis für den strategischen Blick in die Zukunft. Jedwede Zementierung von strukturellen oder inhaltlichen Prozessen verkrustet das System und engt damit die Optionen der Entwicklung massiv ein. Daher ist es eine Grundbedingung, dass die MitarbeiterInnen zur Flexibilität angeregt werden. Die derzeitigen Geschäftseinteilungen und Vertragsstrukturen begünstigen systematisch die Beharrung im pfadabhängigen Status Quo. Das Modell 2020 sieht eine flexible Vertragsgestaltung mit dem zwingenden Wechsel innerhalb der Struktur in regelmäßigen Abständen vor. Als Beispielfall kann dabei die Europäische Kommission herangezogen werden, deren MitarbeiterInnen in regelmäßigen Abständen (z.B. im 5-Jahres-Rhythmus) inhaltliche und strukturelle Agenden wechseln.

(1) - Original
Anhänge
Kommentare

Der Rat empfiehlt:

242

Empfehlung 19.1

Die im öffentlichen Dienst möglichen Vertragsbreiten sollen ausgenutzt werden, um flexible Anpassungen in der Aufgabenstruktur der MitarbeiterInnen zu ermöglichen. Dabei sind Teamstrukturen mit spezifischen Aufgaben gegenüber hirarchischen Strukturen zu bevorzugen.

(1) - Original
Anhänge
Kommentare
243

Monitoring Jede Institution (Ressort) legt in der eigenen Geschäftsordnung Prüfroutinen fest, wie die Flexibiltität in der eigenen Struktur kontrolliert werden kann.

(1) - Original
Anhänge
Kommentare