Wissenssicherung und -zugang: die Funktion von Bibliotheken in der Forschung

Die Produktion von neuem Wissen – gleichermaßen in der Grundlagenforschung wie in der angewandten Forschung – geschieht immer auf der Basis des bereits vorhandenen Wissens. Maßnahmen zur langfristigen Sicherung und optimalen Zugänglichkeit dieser bereits seit Generationen gesammelten Wissensbasis sollten daher logischer Bestandteil einer umfassenden Forschungsstrategie sein.

Hiezu gehören die aktuellen Themen Digitalisierung des kulturellen und wissenschaftlichen Erbes, die Schaffung großer internationaler Wissensportale (z.B. das Projekt EUROPEANA), wie auch die nachhaltige Archivierung des heute in vielen Fällen bereits nur noch elektronisch produzierten Wissens. Insbesondere die verbesserte Zugänglichkeit des wissenschaftlichen Outputs durch die Digitalisierung und die langfristige Archivierung der digital produzierten Forschungsergebnisse erhöhen einerseits die Sichtbarkeit dieser Ergebnisse und tragen anderseits auch zu deren Nachhaltigkeit bei. Der Aufbau von Private Public Partnership Modellen im Rahmen der Forschungsstrategie kann wiederum positiv auf die Wirtschaft rückwirken. Für die Bschäftigungspolitik stellen Investitionen in IKT-Forschungsprojekte eine direkte Maßnahme zur Belebung der Wirtschaft dar.

In der Bildungspolitik wiederum stellt IKT einen wesentlichen Erfolgsgarant dar, wenn der demokratische Zugang zu Information für alle BürgerInnen gewährt werden soll.

Von Seiten der EU gibt es diesbezüglich auch klare Erwartungen an die Mitgliedsstaaten, wie z.B. in der „Digital Libraries Initiative“ im Rahmen der i-2010-Strategie formuliert.

Aus Sicht der Österreichischen Nationalbibliothek wäre daher eine Ergänzung der Forschungsstrategie 2020 um die Bereiche Digitalisierung und Langzeitarchivierung von digitalem Content dringend zu empfehlen. Die entsprechenden Strategiepapiere der EU oder auch die sog. „Kulturerbestudie“ („Wissenschaftliches und kulturelles Erbe in Österreich“, Mai 2006, hrsg. im Auftrag des RFTE und des BMWK) wären dazu eine gute Ausgangsbasis.

Kommentare

Strategos says:

Digitalisierung der Vergangenheit?

Irgendwie besteht da für mich zwischen dem „heute in vielen Fällen bereits nur noch elektronisch produzierten Wissens“ und der „verbesserten Zugänglichkeit des wissenschaftlichen Outputs durch die Digitalisierung und die langfristige Archivierung der digital produzierten Forschungsergebnisse“ ein Widerspruch, denn wenn heute in vielen Fällen bereits nur noch elektronisch produziertes „Wissen“ vorliegt wozu soll dieses noch „digitalisiert“ werden? Es liegt ja schon in digitalisierter Form vor. Also geht es nicht um das Heute sondern um die Vergangenheit. Da stellt sich nun die Frage „Was soll die Digitalisierung der Vergangenheit bewirken?“ Dieses Vorhaben scheitert zwangsläufig an der Machbarkeit, denn wie wir wissen werden die Lücken mit größer werdendem Zeitabstand zum Heute immer größer. Wem nützt also eine lückenhafte Digitalisierung der Vergangenheit? Eine zusätzliche Erkenntnis, welche latent nicht schon vorhanden wäre, lässt sich daraus nämlich nicht gewinnen, lediglich eine Virtualisierung der Vergangenheit. Ob dies ein sinnvoller und gesellschaftlich erstrebenswerter Zustand ist lässt sich bezweifeln. Zu diesem Zweck IKT-Projekte aufzusetzen und dies mit einer direkten Maßnahme zur Belebung der Wirtschaft zu rechtfertigen führt in letzter Konsequenz zu einer offenbar wünschenswerten Allokation von knappen Mitteln zu Gunsten einer virtuellen, weil digitalisierten, Welt und einem Entzug dieser Mittel zur Lösung der Probleme der realen Welt in der wir alle leben.

Der Wunsch durch Private Public Partnership öffentliche Mittel für die Wirtschaft (d.h. an der Erzielung von Gewinnen orientierte Unternehmen) zu gewinnen und dazu eine Win-Win-Situation (auch) für (öffentliche) Bibliotheken bzw. Archive herzustellen und diese damit zu instrumentalisieren ist verständlich. Aber ist es auch im Angesicht knapper werdender Ressourcen vernünftig? Wem nützt es wenn wir durch den Einsatz unserer Ressourcen zwar dann eine schöne, virtuelle Welt besitzen wenn der Rest der Menschheit beispielsweise hungert. Wäre es nicht vernünftiger im Sinne der Maslow'sche Bedürfnispyramide zunächst die Grundbedürfnisse der Menschheit zu sichern und erst dann den nächsten Schritt zu setzten?