Strategie 2020 - Forschung, Technologie und Innovation für Österreich / 3. Menschen

3. Menschen

Status und Herausforderungen

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In wissensbasierten Ökonomien hängt die Zukunft eines Standorts vom Qualifikationsniveau der Erwerbstätigen ab. Um sein Wohlstandsniveau zu halten und auszubauen braucht der Standort Österreich daher mehr besser qualifizierte Arbeitskräfte. Die Anforderungen steigen: Auf globalisierten Märkten wächst die Konkurrenz jener Länder, die im mittleren Technologiesegment unter deutlich günstigeren Kostenverhältnissen anbieten können. Dies gilt insbesondere auch für die Länder in unmittelbarer Nachbarschaft.. Österreichs strategische Antwort muss daher der Spurwechsel von der Gruppe der „technology-followers“ zu den „frontrunners“ mit Produktionsstrukturen an der technologischen Grenze und mit hochentwickelter Produktivität sein. Diese Strategie impliziert eine stetig steigende Nachfrage nach höheren Qualifikationen. Dies gilt umso mehr als die demografische Entwicklung die Relation zwischen den aktiv Erwerbstätigen und den Personen im Ruhestand zunehmend verschiebt. Nur eine ständig steigende Produktivität kann diese aufgehende Schere wieder schließen.

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Österreich hat die Voraussetzungen, um die sich daraus ergebenden Herausforderungen zu bewältigen:

  • Das Potenzial an Qualifikation ist in Österreich nur in einem bescheidenen Ausmaß ausgenutzt. Ein verbesserter Zugang zu Bildung eröffnet hier noch beträchtliche Entwicklungsmöglichkeiten.
  • Eine offenere politische Einstellung zur Zuwanderung kann die Qualifikationsbasis verbreitern und damit helfen, sich abzeichnende Defizite bei qualifizierten Arbeitskräften zu entschärfen.
  • Verstärkte Forschungs- und Innovationsaktivitäten erhöhen die Produktivität und tragen damit zur Erhaltung des Wohlstands bei.
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Steigende Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften

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Das Ansteigen der Nachfrage nach höher qualifizierten Personen ist schon seit den 90er Jahren deutlich sichtbar. Von 1995 bis 2006 stieg der Anteil der Akademikerinnen und Akademiker an den Beschäftigten in Österreich von 8,8% auf 13,2%. Der Anteil der Beschäftigten mit höchstens einem Pflichtschulabschluss sank in diesem Zeitraum von 22,7% auf 16,7%.

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Studien belegen aber eine Schieflage in der Humanressourcenentwicklung in Europa im Vergleich zu den USA und Japan: Lag im Jahr 2005 die Zahl der ForscherInnen pro 1000 Erwerbsprsonen in der Europäischen Union bei 5,8, betrugen die Vergleichswerte in den USA 9,3 und in Japan 10,3. Innerhalb der Europäischen Union liegt Österreich mit derzeit 7,4 nicht im Spitzenfeld, könnte aber schon mittelfristig seine Kapazitäten auf 8 ForscherInnen pro 1000 Erwerbspersonen ausbauen. Dieses Ziel korrespondiert mit dem Ausgabenpfad zur Erreichung der Forschungsquote von 3% des BIP.

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Unterbrochene Bildungskette

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Das Potenzial an Qualifikation erscheint in Österreich zu einem bei weitem noch nicht befriedigenden Ausmaß ausgeschöpft. Dies liegt vor allem an der unterbrochenen Bildungskette:: Sowohl untere als auch mittlere Bildungsschichten schaffen es nicht oder oder zu langsam, über den Bildungsweg in höhere Qualifikationen vorzustoßen. Dies erhöht zum einen die Facharbeiterlücke und verringert zum anderen die Zahl der Personen, die das Hochschulniveau erreichen, was wiederum die notorisch niedrige Absolventenquote tertiärer Bildungswege bedingt.

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Wesentlicher Grund für diese Situation ist das selektive und segmentierte Ausbildungssystem, in welchem die Bildungschancen der Kinder in der Regel durch das erreichte Bildungsniveau ihrer Eltern vorgegeben werden. Das verpflichtende Kindergartenjahr ist hier ein erster Schritt zu mehr Bildungsgerechtigkeit und zur besseren Ausschöpfung der Entwicklungspotenziale.

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Der Wechsel zwischen Ausbildungswegen – und damit die Anpassung an die Anforderungen des Arbeitsmarktes – wird durch die fehlende Modularität des stark „segmentierten“ Bildungssystems verhindert. Kennzeichnend dafür sind die fehlende Förderung von Um- und Quereinsteigern sowie schwierige Bedingungen beim Nachholen von Abschlüssen. Dies betrifft unter anderem auch den Bereich der Zuwanderer, die zwar tendenziell besser ausgebildet sind als die ÖsterreicherInnen, hierzulande aber meist für Tätigkeiten eingesetzt werden, für die sie überqualifiziert sind. In den Fällen laufender Asylverfahren wird das Potenzial der Zugewanderten überhaupt nicht genutzt.

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In Summe ergibt sich der Befund eines erschwerten und daher ungenügender Zugangs zu höherer Bildung in Österreich. Während in Polen, Schweden oder Norwegen 78% der Bevölkerung ein Hochschulstudium beginnen , sind es hierzulande nur etwa halb so viel. Um entsprechend der „Frontrunner-Straatgei“ zu den führenden Nationen aufschließen zu können, steigt der Zustrom in die höheren Bildungseinrichtungen zu langsam. Die Ausbildung im Tertiärbereich ist in Österreich im OECD-Vergleich noch dazu durch hohe Dropoutraten gekennzeichnet, welche eher durch den sozialen Hintergrund oder studienspezifische Selektionskriterien als durch tatsächliche Leistungskriterien erklärt werden können.

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Für die Realisierung von Beschäftigungs- und Wirtschaftswachstum sind zwar generell höher qualifizierte Menschen notwendig; spezielle Anstrengungen bedarf es jedoch bei naturwissenschaftlich und technisch Ausbildungen. Gerade in diesen Disziplinen ist die Zugangs- und Abschlusssituation besonders schlecht. Junge Männer, die diese Fächer öfter wählen, studieren in Österreich seltener als im OECD-Durchschnitt und Frauen, die ein Studium aufnehmen, ziehen diese Fächer eher nicht in Betracht. Das Finden qualifizierter Mitarbeiter Die Erhöhung des Angebots an qualifizierten Arbeitskräften in diesem Bereich ist zurzeitbereits jetzt die größte Herausforderung für den Standort Österreich.

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Hemmnisse für wissenschaftliche Karrieren

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Im internationalen Vergleich ist die Situation in Österreich durch niedrige Abschlussraten und durch die geringe Attraktivität von wissenschaftlichen Karrieren geprägt. Alleine an den Wiener Universitäten ist nahezu die Hälfte aller ForscherInnen nur aufgrund von befristeten Verträgen mit einer Maximaldauer von sechs Jahren beschäftigt.. Die Einigung auf einen Kollektivvertrag für wissenschaftliche Mitarbeiter im Universitätssystem ist jetzt ein wichtiger Schritt zur Erhöhung der Attraktivität von wissenschaftlichen Karrieren.

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Voraussetzung für die Attraktivität wissenschaftlicher Karrieren in Österreich sind aber ausreichend finanzierte und bestens ausgestattete Universitäten. Sie entscheiden über die Anziehungskraft des österreichjschen Wissenschaftssystems auf internationale Spitzenforscher, im Ausland forschende ÖsterreicherInnen und begabte StudentInnen.

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Strategische Leitlinien und Empfehlungen

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Auf Basis der Analyse und der aktuellen Herausforderungen in der Entwicklung der Humanressourcen identifiziert der Rat die folgenden strategischen Leitlinien. Wesentlich ist dabei ein umfassender Ansatz: Bildung, Forschung und Innovation beeinflussen sich gegenseitige und führen – wenn Entscheidungen in diesen Feldern unabhängig voneinander getroffen werden – zu einem sehr ineffizienten System. Daher ist es notwendig, diese Bereiche gemeinsam zu planen und die Maßnahmen konzertiert umzusetzen.

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SL 1 Strategische Leitlinie: Bildungszugang verbessern

Um Qualifikationspotenziale auszuschöpfen, gilt es, alle in Österreich lebenden Personen gezielt in die Weiterentwicklung der Humanressourcen mit einzubeziehen. Dazu ist es notwendig, durch aktives Ansprechen bildungsferner Schichten der sozialen Selektivität des Systems entgegen zu wirken .Um mehr Personen für eine Ausbildung im tertiären Bereich zu gewinnen, ist eine entsprechende finanzielle und strukturelle Ausgestaltung der Universitäten notwendig. Durch ein ausgewogenes Betreuungsverhältnis und die attraktivere Gestaltung sämtlicher Studienfächer, insbesondere im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich, müssen die Abschlussquoten erhöht werden.

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Der Rat empfiehlt:

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Empfehlung 1.1

Neue Schulkonzepte – auch in Anlehnung an international gängige und bewährte Schulmodelle – sollen die frühe Segementierung im Alter von 9 bis 10 jahren überwinden und die MaturantInnenquote erhöhen.

> 2020

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Empfehlung 1.2

Die vorschulische und schulische Sprachenförderung in Deutsch und Englisch soll verstärkt sowie eine zusätzliche gezielte Förderung der deutschen Sprachkenntnisse von MigrantInnen eingeführt werden, um das Potential für tertiäre Ausbildung besser zu erschließen. Darüberhinaus soll auch eine gezielte Förderung von mathematischen Fähigkeiten angestrebt werden.

> 2013

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Empfehlung 1.3

Die finanzielle Ausstattung der Universitäten soll gestärkt wird. Das Bekenntnis zum Ziel einer Investitionsquote von 2% des BIP in tertiäre Bildung und Ausbildung soll bekräftigt werden. Dies beinhaltet auch die ausreichende Finanzierung eines Kollektivvertrags für sämtliche an Universitäten tätigen WissenschafterInnen.

> 2020

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Empfehlung 1.4

Zur Verringerung der Drop-Out Quoten soll die Unterrichtsqualität durch eine massive Verbesserung der Relation Studierende pro Lehrenden erhöht werden. Programme zur Abklärung der Motivation von Studierenden sowie eine verbesserte Vermittlung der Studieninhalte an den Schulen soll institutionalasiert werden. Einführungsphasen während der ersten Studienzeit oder Testverfahren – sofern sie auch tatsächlich auf die Messung der Studieneignung abzielen – sollen als Auswahlverfahren etabliert werden.

> 2020

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Empfehlung 1.5

Naturwissenschaftliche und technische Studienfächer sind mittels eines abgestimmten Aktionsprogrammes besonders zu bewerben, um die Anzahl von StudienbeginnerInnen und die AbsolventInnenquoten zu erhöhen. Hierzu ist einerseits die Fortführung von Programmen zur Weckung eines frühen Technikinteresses (insbesondere bei Mädchen) zu intensivieren.

> 2013

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Empfehlung 1.6

Um auch jene Personen für eine tertiäre Ausbildung zu begeistern, deren sozialer oder sprachlicher Hintergrund sich auf den ersten Blick einschränkend auswirkt, sind spezielle Programme zur Motivation und Förderung bildungsferner Schichten zu entwickeln.

> 2013.

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SL 2 Strategische Leitlinie: Berufsbild „WissenschafterIn“ profilieren

Wie auch im aktuellen Regierungsprogramm angesprochen, geht es darum, sowohl im wissenschaftlichen als auch im wirtschaftlichen Bereich mehr Menschen in die Forschung und Entwicklung zu bekommen, um nachhaltige Erkenntnisgewinne – sowohl von Seiten der Grundlagenforschung als auch in der angewandten Forschung – zu erzielen. Dazu gilt es, das Berufsbild „WissenschafterIn“ zu profilieren und wissenschaftliche Karrieren zu attraktivieren.

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Der Rat empfiehlt:

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Empfehlung 2.1

Zusätzliche finanzielle Mittel sollen die Bildungsangebote in der Doktorats- und der gesamten Post-Doc-Phase verbessern. Um WissenschafterInnen nach Österreich zu bringen bzw. zu halten, sind insbesondere die vertraglichen Bedingungen stärker an internationale Standards anzupassen (Tenure-Track-System, Kollektivvertrag für WissenschafterInnen).

> 2013

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Empfehlung 2.2

Für Frauen im Forschungsbereich sind neue Karrieremodelle im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu entwickeln. Hierzu ist es vor allem notwendig, Unterbrechungen im Karriereverlauf anzuerkennen. Insbesondere sollen die Bewertungskriterien von Stipendien und anderen Förderungen überarbeitet und Universitätskarrieren für Frauen oder späte Ein- und UmsteigerInnen attraktiviert werden.

> 2013

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Empfehlung 2.3

Forscherinnen und Forscher sollen bessere Services gebotebn werden, um hochqualifizierte inländische WissenschafterInnen in Österreich zu halten bzw. nach erfolgten Auslandsaufenthalten wieder nach Österreich zu holen, um ausländische WissenschafterInnen anzusprechen und alle Beteiligten untereinander zu vernetzen.

> 2013

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Empfehlung  2.4

Industrie und Wissenschaft sollen im Ausbildungsbereich verstärkt und auf instutionalisierter Ebene zusammenarbeiten. Zusammenarbeit zwischen Industrie und Wissenschaft im Ausbildungsberich. Zu diesem Zweck sollen zum einen bereits bestehende Initiativen fortgesetzt werden, zum anderen ein Dissertationsprogramms im Sinne einer Private-Public-Partnerschaft unter wissenschaftlicher Aufsicht der Universitäten eingerichtet werden, das Fragestellungen aus der Wirtschaft an die tertiären Bildungseinrichtungen heranträgt. Die Industrie fungiert dadurch impulsgebend für die Wissenschaft. Der kooperative Aspekt ist dabei in den Vordergrund zu stellen.

> 2013

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Empfehlung 2.5

Fachhochschulstandorte, die eine kritische Masse bestehender Studiengänge aufweisen und aufgrund der Wirtschaftsstruktur der Region einen erweiterten Forschungsbedarf haben, sollen in die Lage versetzt werden, ein regional langfristig stabiler Forschungspartner der Wirtschaft zu werden.

> 2013

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SL 3 Strategische Leitlinie: Zuwanderung nutzen und fördern

Hochqualifizierte Personen sorgen – unabhängig von ihrer ursprünglichen Herkunft – für die Verbesserung der Beschäftigungs- und Wachstumspotenziale jener Region, in der sie leben. In diesem Zusammenhang ist es unumgänglich, alle in Österreich lebenden Personen gezielt in die Weiterentwicklung der Humanressourcen mit einzubeziehen, um vom zusätzlichen Potenzial profitieren zu können.

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Der Rat empfiehlt:

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Empfehlung 3.1

In der Anerkennung und Anrechnung ausländischer Qualifikationen ist eine österreichweit einheitliche Vorgehensweise zu etablieren. Die Modalitäten des Nostrifikationsprozesses sind generell zu verbessern und zu vereinfachen. Die Bundesregierung sollte eine generelle Anerkennung innerhalb der EU erworbener Qualifikationen auf europäischer Ebene anstreben.

> 2013

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Empfehlung 3.2

Das Bekenntnis der Bundesregierung, den Zugang zu Österreichs FTI-System für internationale SpitzenforscherInnen zu erleichtern, ist zu begrüßen. Zu diesem Zweck ist ein gezieltes Maßnahmenpaket zur Forcierung des qualifizierten Zuzugs von ForscherInnen, Studierenden und DoktorandInnen zu entwickeln. Gesetzliche und administrative Hürden für ZuwanderInnen und deren Angehörige sollen abgeschafft werden.

> 2013

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Empfehlung 3.3

Um die Akzeptanz für die Integration ausländischer Personen in die Bevölkerung sicherzustellen, soll eine Bewusstseinskampagne erarbeitet werden, die das positive Image eines innovativen Zuwanderungslandes transportiert. Das Ziel der Kampagne sollte auch sein, Österreich im Ausland als Zuwanderungsland für Hochqualifizierte zu attraktivieren.

> 2013

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63

Empfehlung 3.4

Universitäten sollen verstärkt Joint Degree Programme entwickeln. Ein Anreizsystem ist zu entwickeln, die Verankerung in Leistungsvereinbarungen ist zu prüfen.

< 2013

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Empfehlung 3.5

Traditionelle Mobilitätsprogramme sollen mit forschungsbasierten Mobilitätsprogrammen komplementiert werden. Dabei ist besonders auf Leistungsfokussierung zu achten.

> 2013

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Empfehlung 3.6

Ausländischen StudentInnen und Post Docs aus Drittstaaten ist der Zugang zu österreichischen Forschungseinrichtungen zu erleichtern. Gesetzliche Barrieren sind zu beseitigen.

> 2013

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